Loader Logo

Weinhaus Stachel

– Rolf Schulz

Das Weinhaus Stachel ist seit über 600 Jahren ein Traditionsbetrieb in der Würzburger Innenstadt. Der Fokus liegt auf regionalen Gerichten und den Weinen der bekanntesten fränkischen Weingütern. Meine Küche ist „fränkisch mit Pfiff“, dazu eine saisonale Tageskarte. Unsere Philosophie ist: Der Gast ist König und wir geben jeden Tag das Beste. Wenn ich jetzt hier so im leeren Laden sitze, vermisse die Atmosphäre mit den Gästen schon sehr: Keine Stimmung, keine Gespräche, keine Leute die sich was Gutes tun, das „Get-together“ ist komplett verschwunden. Der Stachel ist schon lange mein Favorit und ich bin sehr froh, diesen seit 2013 neben dem Wirtshaus zum Lämmle betreiben zu können.

Weinhaus Stachel, Würzburg

Das Weinhaus Stachel im Lockdown

Die Nachricht über die ganzen Maßnahmen im März 2020 kam schon etwas überraschend. Nachgewiesenermaßen findet eine Verbreitung des Virus über die Gastronomie ja nur in geringen Maße statt. Ich spreche da jetzt von Speiselokalen und natürlich nicht von Bars und Nachtclubs, in denen das Zusammenkommen natürlich viel näher ist. Im Restaurant haben wir Abstandsregeln, ein Hygienekonzept und weitere Schutzmaßnahmen wie Trennwände usw… Für mich war die staatliche Anordnung somit etwas unverständlich. Mit dem Lockdown mussten wir dann den Laden schließen und leider auch viel Ware vernichten, weil wir ausschließlich mit frischen Produkten arbeiten. Die Politik hat für uns Mittel bereitgestellt, mit denen eigentlich jeder der in den „guten Jahren“ einigermaßen vernünftig gewirtschaftet hat, zumindest seine Betriebskosten decken konnte. Die anderen Kosten wie Kurzarbeitergeld und Löhne muss man natürlich vorstrecken, aber die hat man ja größtenteils zurückbekommen. Wenn wir uns andere europäische Länder wie z. B. Italien und Frankreich anschauen, dann sehen wir wie gut wir hier in Deutschland mit unseren Hilfsprogrammen dastehen. Viel haben wir diesbezüglich dem Hotel- und Gaststättenverband zu verdanken, indem ja die meisten Gastronomen Mitglied sind. Der Verband hat maßgeblich mit der Politik zusammen an den Förderprogrammen gearbeitet, durch die jetzt die Meisten, leider nicht alle den Lockdown überleben können.

Weinhaus Stachel, Würzburg
Nach den ersten Lockerungen im Sommer 2020 haben wir uns sehr gefreut endlich wieder Gastgeber zu sein. Zwar mit Auflagen, aber es war endlich wieder Leben im Stachel. Unseren malerischen Weingarten im Innenhof konnten wir mit dem Abstandskonzept gut bewirten, im Gastraum selbst wurden natürlich auch sämtliche Maßnahmen umgesetzt. Anfangs kamen die Gäste eher zu zweit, weniger in großen Gruppen, da das zur damaligen Zeit ja auch noch nicht freigegeben war. Später im Sommer mit zehn Personen am Tisch hatte man hier im Weingarten wieder so ein kleines Gefühl der Normalität. Wenn ich mich zurückerinnere hat man im Sommer auch sehr wenig von der Politik gehört, jedoch war mir klar, dass das Thema Pandemie noch längst nicht erledigt ist. Wenn man die Zahlen weltweit verfolgt hat, konnte man erahnen, dass da noch eine dicke Schippe kommen wird. Im Oktober als die Infektionszahlen in Deutschland wieder hochgingen, haben wir schon so weit runter reduziert, sodass wir dann bei einem erneuten Lockdown nicht wieder einen riesigen Warenverlust haben. Wir haben versucht unser Personal möglichst frühzeitig auf den kommenden Lockdown vorzubereiten und darauf, dass wir leider für einige dann auch keine weitere Beschäftigung mehr haben, bzw. Kurzarbeitergeld anmelden müssen. Für viele ist das natürlich eine finanzielle Herausforderung und sie müssen sich in anderen Branchen umorientieren, z. B. in den Lebensmittelhandel.
Weinhaus Stachel, Würzburg
Wir haben dann während des zweiten Lockdowns im November und Dezember 2020 auch Take-away Essen angeboten. Viele haben uns dabei unterstützt und wir hatten durchaus gute Wochenenden mit den Bestellungen aber summa summarum waren die notwendigen Personal- und Betriebskosten einfach zu hoch und das hat sich einfach nicht gerechnet.

Klar würden wir uns wünschen, dass es so schnell wie möglich wieder weiter geht. Allerdings sieht es aktuell (Anfang Februar 2021) mit den hohen Zahlen noch nicht danach aus und auch auf Rücksicht gegenüber unseren Mitmenschen können wir uns das leider erstmal nicht erlauben. Ich wünsche mir sehr, dass bald wieder Schulen, Kindergärten und Einzelhandel öffnen und wir so etwas wie eine kleine Normalität wieder haben werden. Klar habe ich durch diese Pandemie viel Geld verloren, aber die freie Zeit war für mich persönlich sehr wertvoll. Man konnte sich Gedanken machen, was man künftig verbessern kann. Zudem hat man gemerkt, dass man sich durchaus auch im Alltag mehr Freizeit schaffen kann. Normalerweise hat man als Gastronom durch die Arbeitszeiten ja keine Zeit für Hobbys und Familie, geschweige denn sich mal eine Auszeit zu nehmen. Du bist immer am Nachdenken und kannst nie richtig abschalten. Da hat mir der Lockdown gezeigt, dass das alles doch auch möglich ist.
Weinhaus Stachel, Würzburg
Ich hoffe sehr, dass es keinen dritten Lockdown geben wird und wir bis zum Herbst ausreichende Impfungen in Deutschland haben um zu einer gewissen Normalität zurückkehren zu können. Wir haben dann hoffentlich bald wieder Geselligkeit, wo auch immer: in Bars, Restaurants, beim Frühschoppen oder in der Kirche. Ohne Angst vor Ansteckungen und ohne das Führen von Kontakttagebüchern oder das Kontrollieren der Corona-App. Allerdings denke ich, dass das Leben ohne Schutzmaßnahmen noch etwas auf sich warten lassen wird. Hauptsache ist: Wir können bald wieder Gastgeber sein! Ich hoffe, dass das Leben wieder in die Restaurants zurückkehrt und bei gutem Essen und Wein wieder laut gelacht wird. Wir werden in der Zwischenzeit weiterhin an den vorhandenen Gerichten feilen und neues erarbeiten, aber den Stachel betreiben wir nach der Pandemie nach dem Motto: Never change a running System! Ich wünsche allen Gastronomen, dass sie diese Zeit überleben und den Lockdown gut meistern. Ich gönne es wirklich jedem, denn wir wissen, die meisten sind wirklich mit Herzblut Gastgeber.
Weinhaus Stachel, Würzburg

NEXT PROJECT

MS Zufriedenheit, Würzburg